Wirtschaft
Mittelständisches Geschäftsklima sinkt im aktuellen Lockdown deutlich

Der lange Lockdown hinterlässt Spuren und drückt die Stimmung im deutschen Mittelstand, wie das aktuelle KfW-ifo-Mittelstandsbarometer zeigt. Das Geschäftsklima der kleinen und mittleren Unternehmen sinkt im Januar um 4,2 Zähler auf nun ‑14,8 Saldenpunkte. Trotz des deutlichen Rückgangs ist das Stimmungsniveau damit allerdings noch weit vom Rekordtief des ersten Lockdowns (-42,5 Saldenpunkte im April 2020) entfernt. Aktuell gehen sowohl die Lagebeurteilung (-5,3 Zähler auf ‑13,0 Saldenpunkte) als auch die Geschäftserwartungen (-3,1 Zähler auf ‑16,6 Saldenpunkte) zurück. Zum Pessimismus beitragen dürfte dabei sowohl das unbestimmte Ende des Lockdowns als auch die Enttäuschung über den langsamen Impffortschritt in Deutschland und der EU.
Beim Blick in die Branchen zeigt sich, dass besonders die kleinen und mittleren Einzelhandelsunternehmen hart betroffen sind: Ihr Geschäftsklima befindet sich mit einem Minus von 27,5 Zählern regelrecht im Sturzflug, nachdem schon seit Mitte Dezember die meisten Geschäfte geschlossen bleiben und es angesichts eines eher langsamen Rückgangs der Infektionszahlen unklar ist, wann eine Wiedereröffnung stattfinden wird. Darüber hinaus dürfte die Rücknahme der temporären Mehrwertsteuersenkung seit Jahresbeginn die Umsätze belasten. Dennoch liegt das Geschäftsklima im mittelständischen Einzelhandel mit ‑26,7 Saldenpunkten aber immerhin noch deutlich über dem Tiefstwert vom April letzten Jahres (-42,3 Saldenpunkte). Unter mittelständischen Dienstleistungsunternehmen sinkt das Geschäftsklima indes um 3,4 Zähler auf ‑23,6 Saldenpunkte. Den großen Stimmungsabsturz hat das Segment schon im Herbst durchgemacht, schließlich beinhaltet es mit dem Gastgewerbe, Unterhaltung, Kultur, Sport und den persönlichen Dienstleistungen diejenigen Branchen, die schon seit Anfang November direkt von einem Lockdown betroffen sind. Auch mittelständischer Großhandel (-4,4 Zähler auf ‑13,1 Saldenpunkte) und das Bauhauptgewerbe (-5,8 Zähler auf 1,7 Saldenpunkte) melden im Januar einen Stimmungsabfall. Lediglich die kleinen und mittleren Industrieunternehmen können sich vom allgemeinen Negativtrend abkoppeln und melden ein leicht verbessertes Geschäftsklima (+0,8 auf ‑4,1 Punkte).
Nachdem sich das Geschäftsklima in den Großunternehmen seit Herbst besser entwickelt hatte als bei den kleinen und mittleren, stellt sich im Januar nun auch hier Ernüchterung ein: Die Stimmung der großen Firmen sinkt noch deutlicher als im Mittelstand (-5,5 Zähler auf ‑7,7 Saldenpunkte). Zur Eintrübung tragen fast alle Wirtschaftsbereiche bei, am stärksten die großen Einzelhändler und Dienstleister. Lediglich bei den großen Bauunternehmen geht es geringfügig nach oben. Das Geschäftsklima der großen Industrieunternehmen stagniert zum ersten Mal, seitdem seine Erholung im Mai begonnen hat.
„Das KfW-ifo-Mittelstandsbarometer zeigt einen schlechten Jahresstart und zunehmenden Pessimismus bei einem Großteil der mittelständischen Unternehmen an“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Im Vergleich zum vergangenen Frühjahr bewegt sich die Stimmung in den von Ein-dämmungsmaßnahmen betroffenen Branchen aber immerhin weniger weit nach unten. Anpassungsmaßnahmen, wie die Erschließung von kontaktlosen Vertriebskanälen, dürften sich dabei auszahlen. Vor allem aber hat sich die Industrie anscheinend vom Pandemiegeschehen abgekoppelt, sodass das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Quartalweit weniger schrumpfen wird als im vergangenen Frühjahr .“ Allerdings sei durch die Ausbreitung von Virus-Mutationen die Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Pandemie sehr groß. „Im Frühjahr kann dennoch mit einer wirtschaftlichen Erholung gerechnet werden. Ihr Ausmaß hängt allerdings stark vom Impffortschritt und dem Erfolg des gegenwärtigen Lockdowns ab“, resümiert Köhler-Geib.

Lokal
Im Bau stürzt die Stimmung ab und es fehlt an Material

Die Materialengpässe auf dem Bau haben sich nochmals deutlich verschärft. Gleichzeitig haben sich die Erwartungen in der Branche dramatisch verschlechtert. Das geht aus den Umfragen des ifo Instituts hervor. Im Hochbau zeigten sich im April 54,2 Prozent der Betriebe von Lieferengpässen betroffen, nach 37,2 Prozent im März, beim Tiefbau 46,2 Prozent, nach noch 31,5 Prozent. „Das sind Höchststände seit Beginn der Zeitreihe 1991“, sagt ifo-Forscher Felix Leiss. Auch die Geschäftserwartungen haben sich verdunkelt. Im Hochbau notierten sie bei minus 46,9 Punkten, das ist ebenfalls der tiefste Stand seit 1991. Im Tiefbau waren es sogar minus 48,6 Punkte.
„Russland und die Ukraine sind wichtige Lieferanten von Baustahl, hier herrscht nun Knappheit. Beim Bitumen – benötigt für den Straßenbau und zur Abdichtung – gibt es weitere Verwerfungen. Die Herstellung vieler Baumaterialien ist zudem sehr energieintensiv. Die starken Preisanstiege bei den Energieträgern bedrohen deshalb auch die heimische Produktion und sorgen für weitere Verteuerungen beim Baumaterial“, ergänzt Leiss.
„Bei laufenden Projekten stellt sich die Frage, inwieweit Kostensteigerungen weitergegeben werden können. Neue Projekte sind kaum kalkulierbar. Auf der anderen Seite steigen für Bauherren die Zinsen für die Finanzierung“, sagt Leiss weiter. Daher kommt es bereits zu mehr Auftragsstornierungen, wie die ifo-Umfrage weiter zeigt. Im April meldeten das 7,5 Prozent der Hochbauer, nach 4,6 Prozent im März. Bei den Tiefbauern beklagten 9,3 Prozent Stornos, im März waren es nur 3,9 Prozent.

Lokal
VC-Markt im Stimmungshoch

Der Stimmungsaufschwung auf dem deutschen Venture Capital-Markt setzt sich auch im 2. Quartal 2021 fort. Der Geschäftsklimaindikator des Frühphasensegments steigt um 10,5 Zähler auf 37,8 Saldenpunkte und markiert damit einen neuen Bestwert. Das Geschäftsklima wird dabei maßgeblich durch die Geschäftserwartungen beflügelt, während sich die aktuelle Geschäftslage nur leicht bessert. Der Indikator für die aktuelle Geschäftslage steigt um 4,6 Zähler auf 36,0 Saldenpunkte, der Indikator für die Geschäftserwartung deutlich um 16,4 Zähler auf 39,6 Saldenpunkte. Die Erwartungen auf Sicht von 6 Monaten waren somit noch nie höher.
Die Entwicklung von insbesondere drei Klimakomponenten hat das Rekordklima befeuert: des Fundraisings, der Exitmöglichkeiten und der Stärke des Dealflows. Alle drei Indikatoren haben neue Bestmarken gesetzt. Das Fundraisingklima toppt knapp seinen bisherigen Bestwert von Anfang 2019 aufgrund deutlich gestiegener Erwartungen auf Sicht von 6 Monaten. Beim Exitklima haben sowohl die Beurteilung der Lage als auch der Erwartungen deutlich zugelegt. Der bisherige Bestwert vom Herbst 2018 konnte hier klar übertroffen werden. Die Beurteilung der Stärke des Dealflows ist knapp besser als der bisherige Bestwert von Herbst 2016, ermöglicht durch deutlich gestiegene Erwartungen auf 6‑Monats-Sicht.
Die stärkste Veränderung zeigt sich bei der Zufriedenheit mit den Einstiegsbewertungen, deren Indikator um 33 Punkte auf ein Allzeittief eingebrochen ist – auch das senkte die Investitionsbereitschaft. Tatsächlich sind im 2. Quartal die Dealvolumen ab Serie A / Runde 1‑Finanzierungen merklich angestiegen. Zudem erreichten drei neue Start-ups erstmals eine Bewertung von 1 Mrd. USD und damit den Status von „Einhörnern“.
„Zwei Megadeals über jeweils rund 1 Mrd. US-Dollar haben den deutschen VC-Markt im zweiten Quartal auf ein neues Level gehievt, die Stimmung übertrifft alles bisher Gesehene“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Lediglich die gestiegenen Einstiegsbewertungen sind für viele Investoren ein Ärgernis, haben bisher jedoch keinen maßgeblichen Einfluss auf das Geschäftsklima. Die Entwicklung der Dealvolumen deutet darauf hin, dass sich die Bewertungen vor allem bei Folgefinanzierungsrunden erhöht haben und weniger bei Seed-Finanzierungen. Das kann man auch als Erfolg sehen, nämlich dass den deutschen Start-ups, die sich ‚etablieren‘ konnten, mittlerweile mehr zugetraut wird.“
“Das zweite Quartal war gekennzeichnet durch rege Investitionstätigkeit und nicht zuletzt einige herausragende Finanzierungsrunden. Immer mehr Einhörner sind ein großer Erfolg für die Gründer und ihre Investoren. Dies spricht für die deutschen Startups und freut uns sehr“, sagt Ulrike Hinrichs, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des BVK. „Nicht zuletzt die Zufriedenheit mit dem Fundraising- und Exit-Umfeld heizen die Stimmungseuphorie weiter an. Die Kehrseite der Medaille ist das allgemein sehr hohe Bewertungsniveau, das inzwischen auch in frühen Runden aufgerufen wird. Die Skepsis demgegenüber scheint bereits auf die Investitionsbereitschaft der VCs zu schlagen. Die Herausforderung besteht darin, dass die Startups ihre hohen Bewertungen auch langfristig rechtfertigen müssen.“