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VC-Geschäfts­kli­ma bricht ein – hohe Unsi­cher­heit durch Zins­wen­de und Krieg

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Zwei Jah­re nach dem Coro­na-Schock knickt das Geschäfts­kli­ma auf dem deut­schen Ven­ture Capi­tal-Markt im 1. Quar­tal 2022 erneut ein. Das Ger­man Ven­ture Capi­tal Baro­me­ter fällt um 35 Zäh­ler auf 7,2 Sal­den­punk­te. Die Haupt­grün­de dafür dürf­ten die sich infla­ti­ons­be­dingt ver­schär­fen­de Zins­wen­de sowie die kriegs­be­dingt gestie­ge­ne wirt­schaft­li­che Unsi­cher­heit sein. Der Indi­ka­tor für die Geschäfts­la­ge sinkt auf 12,8 Sal­den­punk­te (-33,0), der Indi­ka­tor für die Geschäfts­er­war­tung ver­liert 37 Zäh­ler auf 1,7 Sal­den­punk­te. Die aktu­el­le Ent­wick­lung unter­schei­det sich aller­dings vom coro­nabe­ding­ten Rück­gang des Geschäfts­kli­mas 2020 in zwei wesent­li­chen Punk­ten: Ers­tens erfolgt der Rück­gang von einem rekord­ho­hen Niveau und zwei­tens ist der Ein­bruch nur etwa halb so hoch wie damals.
 
Im ers­ten Quar­tal am stärks­ten ein­ge­bro­chen sind die Beur­tei­lun­gen von Kon­junk­tur, Zins­ni­veau, Fund­rai­sin­g­kli­ma und Wert­be­rich­ti­gungs­druck. Das Kon­junk­tur­kli­ma ist ange­sichts des eska­lier­ten Krie­ges in der Ukrai­ne förm­lich abge­stürzt – sogar deut­lich stär­ker als beim Coro­na-Schock zwei Jah­re zuvor. Wie damals dürf­te die kon­junk­tu­rel­le Abküh­lung die meis­ten Start­ups aber weni­ger betref­fen.
 
Stär­ke­re Effek­te sind von der Zins­wen­de der inter­na­tio­na­len Noten­ban­ken zu erwar­ten, die sich kriegs­be­dingt beschleu­nigt hat. Das führt zu nied­ri­ge­ren Kur­sen bei Tech­no­lo­gie­ak­ti­en, was sich auch auf die pri­va­ten Märk­te aus­wirkt und den Wert­be­rich­ti­gungs­druck erhöht. Aus Inves­to­ren­sicht ist aller­dings posi­tiv, dass auch die Ein­stiegs­be­wer­tun­gen bei neu­en Inves­ti­tio­nen sin­ken. Der ent­spre­chen­de Indi­ka­tor hat sich deut­lich ver­bes­sert und ist der ein­zi­ge mit einem deut­li­chen Zuge­winn. Stei­gen­de Zin­sen füh­ren auch dazu, dass die Asset­klas­se VC ten­den­zi­ell Anle­ger­gel­der ver­liert, was auf lan­ge Sicht das Fund­rai­sing erschwert.
 
Kaum ver­än­dert haben sich die Indi­ka­to­ren für die Höhe des Deal­f­lows, die Inves­ti­ti­ons­be­reit­schaft sowie die Exit­mög­lich­kei­ten. Der Kli­ma­ein­bruch könn­te somit wie bei der Pan­de­mie zuvor­derst den Schock über die Ereig­nis­se wider­spie­geln und kurz­fris­tig ohne Aus­wir­kung auf die tat­säch­li­che Inves­ti­ti­ons­tä­tig­keit blei­ben.
 
„Das VC-Geschäfts­kli­ma ist im ers­ten Quar­tal 2022 regel­recht ein­ge­bro­chen. Das hat sicher mit den hohen Infla­ti­ons­ra­ten und der ver­schärf­ten Zins­wen­de der inter­na­tio­na­len Noten­ban­ken zu tun. Hin­zu kom­men die geo­po­li­ti­schen und wirt­schaft­li­chen Unsi­cher­hei­ten durch den eska­lier­ten Krieg in der Ukrai­ne“, sagt Dr. Frit­zi Köh­ler-Geib, Chef­volks­wir­tin der KfW. „Aller­dings kom­men wir von einem sehr hohen Niveau und der Ein­bruch ist klei­ner als wir ihn beim Aus­bruch der Coro­na-Pan­de­mie im ers­ten Quar­tal 2020 gese­hen haben. Es han­delt sich um einen Schock über die Ereig­nis­se, der sich bis­her in der brei­ten Inves­ti­ti­ons­tä­tig­keit nicht zeigt. So wur­den in den ers­ten drei Mona­ten bereits rund 3 Mrd. EUR Ven­ture Capi­tal in deut­sche Start­ups inves­tiert, also mehr als im glei­chen Vor­jah­res­zeit­raum. Und ohne Mega­deals, die mal mehr und mal weni­ger häu­fig vor­kom­men, lie­gen wir nur knapp unter dem Volu­men des vor­he­ri­gen Aus­nah­me­quar­tals. Es ist zu erwar­ten, dass die Inves­ti­ti­ons­tä­tig­keit auf dem VC-Markt wei­ter sta­bil bleibt, auch weil die Inves­to­ren noch auf viel Kapi­tal sit­zen. Dazu kommt, dass die Kriegs­aus­wir­kun­gen auf die Ener­gie­ver­sor­gung das Inter­es­se an Clean- und Cli­ma­te-Tech-Start­ups sogar ver­stär­ken könn­ten.“
 
Die Stim­mung in der Wirt­schaft und auf dem Kapi­tal­markt ist geprägt vom Krieg in der Ukrai­ne sowie einer hohen Infla­ti­ons­ra­te und der ein­ge­läu­te­ten Zins­wen­de. Dem kann sich auch der deut­sche Ven­ture Capi­tal-Markt nicht ent­zie­hen“, ergänzt Ulri­ke Hin­richs, geschäfts­füh­ren­des Vor­stands­mit­glied des BVK. „Es bleibt abzu­war­ten wie sich die Situa­ti­on wei­ter ent­wi­ckelt. Soll­te die Zins­wen­de mehr Fahrt auf­neh­men und auch Euro­pa nach­zie­hen, dürf­te dies wei­te­ren Druck auf die Bewer­tun­gen von bör­sen­no­tier­ten Tech-Unter­neh­men und damit auch nicht-notier­te Start­ups haben. Die Ent­span­nung bei den bis­her sehr kri­tisch bewer­te­ten Ein­stiegs­be­wer­tun­gen und der wei­ter­hin posi­tiv bewer­te­te Deal­f­low sind erfreu­lich, jedoch bei Betrach­tung der Gesamt­si­tua­ti­on ein schwa­cher Trost.“

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