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Der 9. Fami­li­en­be­richt – Auf­trags­wis­sen­schaft für die Bundesregierung

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Im Jahr 1965 ver­pflich­te­te der Bun­des­tag die Bun­des­re­gie­run­gen im Abstand eini­ger Jah­re unab­hän­gi­ge Wis­sen­schaft­ler zu beauf­tra­gen, die Situa­ti­on der Fami­li­en in Deutsch­land zu beur­tei­len, um das dann mit einer Stel­lung­nah­me der Regie­rung zu ver­öf­fent­li­chen. Die ers­ten Berich­te waren tat­säch­lich sehr kri­ti­sche Bewer­tun­gen der Fami­li­en­po­li­tik. Noch der 5. Fami­li­en­be­richt (1994) stell­te eine „struk­tu­rel­le Rück­sichts­lo­sig­keit der Gesell­schaft gegen­über den Fami­li­en“ fest (S. 21). Das wur­de damit begrün­det, dass die Fami­li­en die Haupt­last der Inves­ti­tio­nen in Kin­der tra­gen, aber auf­grund unse­res Sozi­al­sys­tems weni­ger davon pro­fi­tie­ren als ande­re, die kei­ne Kin­der und damit auch weni­ger Kin­der­kos­ten hat­ten. Als Haupt­grund wur­de die feh­len­de Bewer­tung der in der Regel von den Müt­tern geleis­te­ten Betreu­ungs- und Erzie­hungs­ar­beit ange­ge­ben. Die Wis­sen­schaft­ler sahen auch einen Zusam­men­hang mit Gebur­ten­de­fi­zit und stei­gen­den Scheidungsziffern.

Dr. Johan­nes Resch vom Ver­band Fami­li­en­ar­beit äußert sich wei­ter dazu: Beim 7. und 8. Bericht (2006 und 2012) hat­ten die Regie­run­gen einen Weg gefun­den, der läs­ti­gen Kri­tik aus­zu­wei­chen, indem sie Wis­sen­schaft­ler beauf­trag­ten, die von vorn­her­ein auf Regie­rungs­li­nie lagen. So stell­ten die­se Berich­te eine Art Hof­be­richt­erstat­tung dar. Die im 5. Bericht geschil­der­ten Män­gel wur­den igno­riert, ohne zu fra­gen, ob inzwi­schen eine Bes­se­rung ein­ge­tre­ten sei.

Auch der im März 2021 ver­öf­fent­lich­te 9. Bericht recht­fer­tigt ledig­lich die ideo­lo­gi­schen Inhal­te der Regie­rungs­po­li­tik. Zwar wird auf die Fami­li­en­ar­mut hin­ge­wie­sen und dass sich Eltern mehr Zeit für ihre Kin­der wün­schen. Als Aus­weg gilt aber nicht die nahe­lie­gen­de Hono­rie­rung der elter­li­chen Erzie­hungs­ar­beit, wie sie sowohl von unse­rem Ver­band als auch vom Deut­schen Fami­li­en­ver­band gefor­dert wird. Statt­des­sen wird die „Ver­ein­bar­keit von Fami­lie und Beruf“ pro­pa­giert, die Eltern immer mehr in ein Hams­ter­rad drängt und ihnen noch weni­ger Zeit für ihre Kin­der lässt. So wird die Wahl­frei­heit der Eltern, ihr Leben nach eige­nen Vor­stel­lun­gen zu orga­ni­sie­ren, immer wei­ter eingeschränkt.

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Statt auf die im 5. Bericht beklag­te Pola­ri­sie­rung zwi­schen Fami­li­en und Rest­ge­sell­schaft ein­zu­ge­hen, wer­den sozia­le Unter­schie­de zwi­schen den Fami­li­en the­ma­ti­siert und so von der Nicht­be­wer­tung der elter­li­chen Erzie­hungs­ar­beit abge­lenkt. Obwohl angeb­lich die Gleich­be­rech­ti­gung der Frau­en ange­strebt wird, wird wei­ter die männ­li­che Denk­wei­se bedient, die her­kömm­li­che „Frau­en­rol­le“ nicht als lohn­wer­te Arbeit anzu­er­ken­nen und gleichzuberechtigen.

So ergibt auch der 9. Fami­li­en­be­richt kei­ne rea­lis­ti­schen Ansatz­punk­te zur Lösung der drän­gen­den Pro­ble­me wie Fami­li­en­ar­mut, Streit zwi­schen Eltern mit För­de­rung von Schei­dun­gen, Gebur­ten­man­gel mit Aus­höh­lung der Sozi­al­sys­te­me, die ohne funk­tio­nie­ren­de Fami­li­en ver­sa­gen müssen.

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