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Vie­le Jugend­li­che wol­len sich in Gesell­schaft und in einen poli­ti­schen Dis­kurs einbringen

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Demo­kra­tie­kon­fe­renz „Platz für Viel­falt“ lock­te 90 – meist Jugend­li­che – Zuhö­rer in den Allee­saal / Kla­res Zei­chen gegen Aus­gren­zun­gen setzen

Wel­che Dimen­sio­nen umfasst der Begriff „Viel­falt“ im Zusam­men­hang mit einer Bür­ger­ge­sell­schaft? Wel­che Her­aus­for­de­run­gen und Chan­cen gehen mit dem Zusam­men­le­ben in einer plu­ra­lis­ti­schen Gesell­schaft ein­her und wie kön­nen wir die­ses aktiv gestal­ten? Wie gelingt es, in Insti­tu­tio­nen und Ver­ei­nen mehr Platz für Viel­falt zu schaf­fen? Mit die­sen Fra­gen beschäf­tig­ten sich etwa 90 Teil­neh­men­de im Rah­men einer durch die Part­ner­schaft für Demo­kra­tie im Rhein­gau-Tau­nus-Kreis orga­ni­sier­ten Demo­kra­tie­kon­fe­renz mit dem Titel „Platz für Vielfalt“.

„Wenn es mor­gens um sechs an mei­ner Tür läu­tet und ich kann sicher sein, dass es der Milch­mann ist, dann weiß ich, dass ich in einer Demo­kra­tie lebe” – mit die­sem Zitat von Win­s­ton Chur­chill lei­te­te Land­rat Frank Kili­an sei­ne Eröff­nungs­re­de ein. In deren wei­te­ren Ver­lauf unter­strich Kili­an den Stel­len­wert von Men­schen­wür­de, Frei­heit und Sicher­heit jeder ein­zel­nen Per­son inner­halb der Demo­kra­tie und lud alle Anwe­sen­den dazu ein, die­se Wer­te zu schüt­zen und ein viel­sei­ti­ges Mit­ein­an­der aktiv mitzugestalten.

Wie das kon­kret gelin­gen kann, erläu­ter­te Dag­mar Krau­se von der Initia­ti­ve „Offen für Viel­falt –  Geschlos­sen gegen Aus­gren­zung“ im Rah­men eines Gruß­wor­tes per Video­bot­schaft. Die im Jahr 2018 in Kas­sel als Reak­ti­on auf popu­lis­ti­sche und rechts­extre­me Strö­mun­gen gegrün­de­te Initia­ti­ve stellt einen Zusam­men­schluss von Unter­neh­men, Ver­ei­nen und Insti­tu­tio­nen dar, die sich seit­her gemein­sam für ein viel­fäl­ti­ges Mit­ein­an­der, Tole­ranz und Zusam­men­halt ein­set­zen. Neben Ver­an­stal­tun­gen, Pla­kat­ak­tio­nen und dem Wett­be­werb für „Viel­falt-Ver­stär­ker“ setzt die Initia­ti­ve „Offen für Viel­falt –  Geschlos­sen gegen Aus­gren­zung“ ins­be­son­de­re mit ihren gleich­na­mi­gen Tür­schil­dern auch über den Kass­ler Raum hin­aus ein Zei­chen für Viel­falt und Toleranz.

Etwa 100 die­ser Tür­schil­der hat­te die Initia­ti­ve dem Orga­ni­sa­ti­ons­team im Kreis zukom­men las­sen. „Die Schil­der erfreu­ten sich gro­ßer Beliebt­heit bei den Teil­neh­men­den und so ist davon aus­zu­ge­hen, dass die­ses State­ment für Viel­falt in naher Zukunft an den Türen vie­ler Ein­rich­tun­gen und Insti­tu­tio­nen im Rhein­gau-Tau­nus-Kreis zu fin­den sein wird“, berich­tet Yas­min Zen­ger­le vom Orga-Team.

Der Fra­ge, wie ins­be­son­de­re jun­ge Men­schen kon­kret dar­in unter­stützt wer­den kön­nen, sich und ihre Ideen aktiv in Poli­tik und Gesell­schaft ein­zu­brin­gen, dar­auf ging Gre­gor Deh­mel, Grün­der des Ver­eins „Poli­tik zum Anfas­sen e.V.“ im Ver­lauf sei­nes Impuls­vor­tra­ges ein. Vie­len (ins­be­son­de­re jun­gen) Men­schen wer­de – so Deh­mel – oft­mals ein man­geln­des Inter­es­se an poli­ti­schen und gesell­schaft­li­chen The­men unter­stellt. Gleich­zei­tig sähen die Jugend­li­chen ihre Inter­es­sen in der Poli­tik in vie­len Fäl­len nicht oder nicht aus­rei­chend reprä­sen­tiert. „Es ist wich­tig, den jun­gen Men­schen die Gestal­tungs­mög­lich­kei­ten in einer Demo­kra­tie zu ver­deut­li­chen, um sie zu zum Mit­ma­chen zu ani­mie­ren und sie zum Dis­kurs ein­zu­la­den“, so Dehmel.

„Jugend­li­che sol­len zum Bei­spiel zu allen Belan­gen, die sie betref­fen, ange­hört wer­den“, erläu­ter­te Deh­mel wei­ter. „Ich fra­ge: Wel­che Berei­che der Lokal­po­li­tik betref­fen Jugend­li­che eigent­lich nicht?“ Es gel­te, ziel­grup­pen­spe­zi­fi­sche Zugän­ge zu schaf­fen und einen von Wert­schät­zung und Aner­ken­nung gepräg­ten Dis­kurs zu gestal­ten, in dem unter­schied­li­che Per­spek­ti­ven Berück­sich­ti­gung fin­den. Bei­spiel­haft erläu­ter­te Deh­mel bis­he­ri­ge Pro­jek­te zur Jugend­be­tei­li­gung wie den Kom­mu­nal­po­li­tik-Escape-Room, den der Ver­ein in Koope­ra­ti­on mit unter­schied­li­chen Gemein­den in deren jewei­li­gen Rat­häu­sern orga­ni­siert hat­te. Deh­mel: „Es gilt, Men­schen anhand der für sie rele­van­ten The­men für Poli­tik zu begeis­tern und zur akti­ven Mit­ge­stal­tung anzuregen.“

Eine Mög­lich­keit für jun­ge Men­schen, sich aktiv für Demo­kra­tie, Viel­falt und Tole­ranz ein­zu­brin­gen, stellt im Rhein­gau-Tau­nus-Kreis das seit 2019 eta­blier­te Jugend­fo­rum (YoU­FO) der hie­si­gen Part­ner­schaft für Demo­kra­tie dar. Des­sen Mit­glie­der Maya Rei­chert und Simon Jäger stell­ten das Jugend­fo­rum, sowie des­sen Pro­jek­te und För­der­mög­lich­kei­ten vor. Zur Mit­ar­beit im Jugend­fo­rum sind alle jun­gen Men­schen im Alter von 14 bis 27 Jah­ren aus dem Kreis­ge­biet ein­ge­la­den. Mit einem eig­nen Bud­get kön­nen die dort enga­gier­ten Jugend­li­chen eige­ne Pro­jek­te umset­zen oder Pro­jek­te von und für Jugend­li­che finan­zi­ell unter­stüt­zen. So hat­te das YoU­FO in der Ver­gan­gen­heit bei­spiels­wei­se ein poli­ti­sches PubQuiz ver­an­stal­tet und eine leben­di­ge Biblio­thek orga­ni­siert. Maya Rei­chert und Simon Jäger luden alle anwe­sen­den Teil­neh­men­den der Demo­kra­tie-Kon­fe­renz ein, gemein­sam mit Sprüh­krei­de ein far­ben­fro­hes State­ment für Viel­falt vor dem Allee­saal in Bad Schwal­bach zu gestal­ten. Die­sem Auf­ruf wur­de mit viel Enga­ge­ment nach­ge­kom­men, sodass der Slo­gan „Platz für Viel­falt“ ins­ge­samt drei­mal in unter­schied­lichs­ten Farb­kom­bi­na­tio­nen gestal­tet wer­den konnte.

Im Ver­lauf des Nach­mit­tags hat­ten die Teil­neh­men­den Gele­gen­heit, sich in Work­shops inten­si­ver mit dem The­ma Viel­falt aus­ein­an­der­zu­set­zen. „In wel­cher Gesell­schaft wol­len wir leben?“, frag­te der durch die hes­si­sche Sport­ju­gend kon­zi­pier­te Work­shop, in dem die Teil­neh­men­den eige­ne Kon­zep­te zur Ein­bin­dung unter­schied­li­cher Per­so­nen­grup­pen in das Ver­eins­le­ben ent­wi­ckeln konn­ten. Mit den beson­de­ren Her­aus­for­de­run­gen des Lebens in länd­li­chen Regio­nen im Hin­blick auf die Viel­falt geschlecht­li­cher Iden­ti­tä­ten und Ori­en­tie­run­gen setz­ten sich die Teil­neh­men­den im Rah­men des durch pro fami­lia Wies­ba­den orga­ni­sier­ten Work­shops unter Lei­tung von Peter Hof­acker auseinander.

Vor dem Hin­ter­grund der gesetz­lich ver­an­ker­ten Unan­tast­bar­keit der Men­schen­wür­de beschäf­tig­ten die Teil­neh­men­den sich in einem durch die Arbei­ter­wohl­fahrt initi­ier­ten Work­shop unter dem Titel „Viel­falt und Men­schen­wür­de“ mit Dis­kri­mi­nie­rung und Ungleich­be­hand­lung in der Gesell­schaft, wobei ins­be­son­de­re die Betrof­fe­nen­per­spek­ti­ve in den Blick genom­men wur­de. Beim abschlie­ßen­den Aus­tausch fiel das Resü­mee der Teil­neh­men­den zu den Work­shops und der Demo­kra­tie­kon­fe­renz posi­tiv aus. Ins­be­son­de­re die offe­ne und respekt­vol­le Atmo­sphä­re in den Work­shops wur­de von den Teil­neh­men­den als sehr ange­nehm beschrieben.

Auch die Orga­ni­sa­to­rin­nen der Ver­an­stal­tung zeig­ten sich zufrie­den. „Wir freu­en uns, dass der Rhein­gau-Tau­nus-Kreis nach der letz­ten Demo­kra­tie­kon­fe­renz zum The­ma ‚Que­e­re Jugend­li­che‘ auch bei die­ser Ver­an­stal­tung ein Zei­chen für Viel­falt, Offen­heit und Tole­ranz in unse­rer Gesell­schaft set­zen konn­te“, so Chris­ti­na Sau­se vom feder­füh­ren­den Amt der Part­ner­schaft für Demo­kra­tie im Rhein­gau-Tau­nus-Kreis. Ihre Kol­le­gin Yas­min Zen­ger­le von der bei der AWO Rhein­gau-Tau­nus Sozia­le Arbeit gGmbH ange­sie­del­ten Koor­di­nie­rungs- und Fach­stel­le ergänzt: „Die hohe Reso­nanz auf die heu­ti­ge Ver­an­stal­tung zeigt, dass wir ein The­ma auf­ge­grif­fen haben, das ins­be­son­de­re vie­le Jugend­li­che inter­es­siert. Mehr als 60 Pro­zent der etwa 90 Teil­neh­mer gehö­ren die­ser Alters­grup­pe an.“

Die Ver­an­stal­tung wur­de orga­ni­siert und geför­dert von der Part­ner­schaft für Demo­kra­tie im Rhein­gau-Tau­nus-Kreis im Rah­men des Bun­des­pro­gramms „Demo­kra­tie leben!“ und des Lan­des­pro­gramms „Hes­sen für Demo­kra­tie und gegen Extre­mis­mus. Inner­halb der durch den Rhein­gau-Tau­nus-Kreis als feder­füh­ren­dem Amt und der Koor­di­nie­rungs- und Fach­stel­le der AWO Rhein­gau-Tau­nus Sozia­le Arbeit orga­ni­sier­ten Part­ner­schaft für Demo­kra­tie enga­gie­ren sich zahl­rei­che Akteu­rin­nen und Akteu­re, Initia­ti­ven und Ver­ei­ne aus unter­schied­lichs­ten Berei­chen im gesam­ten Kreisgebiet.

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