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Vor­trag von Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter a.D. Dr. Jung zur Situa­ti­on in der Ukraine

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Auf­grund der über­wäl­ti­gen­den Kriegs­er­eig­nis­se in der Ukrai­ne lud die Mit­tel­stands­uni­on den Bun­des­ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter a.D. Dr. Franz-Josef Jung zu einem Vor­trag mit Dis­kus­si­on ein. Die Ver­an­stal­tung fand am 12.4.2022 im Rüdes­hei­mer Schloss statt. Die Atmo­sphä­re war auf­grund der gera­de bekannt gewor­de­nen Kriegs­ver­bre­chen in der Ukrai­ne ent­spre­chend ange­spannt. Alle Besu­cher trie­ben die Fra­gen um, wie konn­te es so weit kom­men, was kann noch alles pas­sie­ren und wie kön­nen wir uns künf­tig selbst schützen.

Dr. Jung griff in sei­nem Vor­trag zurück auf sei­ne Erfah­run­gen mit Russ­land wäh­rend sei­ner Zeit als Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter in den Jah­ren von 2005 bis 2009. Dabei beschrieb er sei­ne Begeg­nun­gen mit dem dama­li­gen und heu­ti­gen rus­si­schen Außen­mi­nis­ter Lavrov, mit sei­nem Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter-Pen­dant und ande­ren Poli­ti­kern wie Med­we­dew, die damals völ­lig anders als heu­te agier­ten und wie dies zu berech­tig­ten Hoff­nun­gen auf eine bes­se­re Zusam­men­ar­beit und ein Ende des kal­ten Krie­ges führ­te. Dies ende­te dann aber rela­tiv abrupt mit dem rus­si­schen Krieg gegen Geor­gi­en 2008 und der Beset­zung der Krim im Jah­re 2014.

Dr. Jung zeig­te auch auf, wie der Bun­des­wehr­etat gekürzt wur­de und wie die Ein­satz­be­reit­schaft der Bun­des­wehr in den letz­ten 15 Jah­ren gesun­ken ist, mach­te aber auch deut­lich, wie sehr die Bun­des­wehr mitt­ler­wei­le in inter­na­tio­na­len Ein­sät­zen invol­viert ist, wo sie teils füh­ren­de Rol­len über­nimmt und mit hohen Kos­ten dar­an betei­ligt ist, inter­na­tio­nal Frie­den zu stif­ten. Ver­bes­sert hat sich auch die Schlag­kraft der schnel­len Ein­greif­trup­pe der NATO, zu der mitt­ler­wei­le ca. 10.000 deut­sche Sol­da­ten gehö­ren. Zu den Kos­ten­stei­ge­run­gen trug auch bei, dass sich Euro­pa unab­hän­gi­ger machen woll­te von den USA und als euro­päi­sche Kom­po­nen­ten eige­ne Sys­te­me ent­wi­ckelt. Wich­tig sei es aber jetzt, das von Scholz avi­sier­te Son­der­ver­mö­gen zu nut­zen, um die eige­nen Fähig­keits­lü­cken zu schlie­ßen, auch durch eine Ver­grö­ße­rung der Bun­des­wehr auf 200.000 Sol­da­ten (und Sol­da­tin­nen). Ein rich­ti­ger Schritt sei dabei auch die Ent­schei­dung, alte Tor­na­do Kampf­flug­zeu­ge mög­lichst schnell durch ame­ri­ka­ni­sche F35 zu erset­zen. Auch hier nann­te Dr. Jung ein Bei­spiel: pro Jahr kommt es zu ca. 40 Abwehr­re­ak­tio­nen mit uniden­ti­fi­zier­ten Flug­zeu­gen. Dabei sind die Flie­ger­staf­feln in der Lage, rund um die Uhr eine Ein­satz­be­reit­schaft bis zum Start in maxi­mal 10 Minu­ten zu gewährleisten.

In der anschlie­ßen­den Dis­kus­si­on wur­de es zeit­wei­lig sehr leb­haft, da auch in die­sem Kreis ein Teil­neh­mer anwe­send war, der die Schuld an Krieg und Kriegs­ver­bre­chen nicht bei Russ­land, son­dern der Ukrai­ne und ins­be­son­de­re auch in der Ost­erwei­te­rung der Nato sah und sich von die­sem Stand­punkt auch trotz über­zeu­gen­der Argu­men­te und Bewei­se nicht abbrin­gen ließ. Beson­ders bei dem Argu­ment, die Nato habe nach dem Zusam­men­bruch der Sowjet­uni­on eine Ost­erwei­te­rung aus­ge­schlos­sen – eine tat­säch­lich weit­ver­brei­te­te Fehl­ein­schät­zung – reagier­te Dr. Jung sehr sou­ve­rän mit den Wor­ten „las­sen Sie mich doch mal aus­re­den – ich bin ja dabei gewe­sen.“. Er wies dar­auf hin, dass die Ost­erwei­te­rung der Nato mit der Zustim­mung des rus­si­schen Prä­si­den­ten Jel­zin geplant und 2004 voll­zo­gen wur­de, in der Zeit einer sehr guten Ver­stän­di­gung und Zusam­men­ar­beit zwi­schen Nato, Nato-Län­dern und Russland.

Der MIT-Kreis­vor­sit­zen­de Hans-Peter Cae­sar sah bei die­sen Ver­ir­run­gen auch wegen angeb­li­cher Pro­vo­ka­tio­nen des Ange­grif­fe­nen Par­al­le­len zur eige­nen deut­schen Ver­gan­gen­heit (ab 5:45 Uhr wird jetzt zurück­ge­schos­sen). Hier geht es tat­säch­lich um die Ver­tei­di­gung der Frei­heit, für die man die­sem muti­gen und ent­schlos­se­nen Volk in der Ukrai­ne sehr dank­bar sein muss und so weit wie mög­lich unter­stüt­zen muss, damit Euro­pa wei­ter in Frie­den und Frei­heit leben kann. Auch dies pass­te zu den Schluss­wor­ten von Dr. Jung, der resü­mier­te,  dies alles zei­ge, dass Frei­heit nur mög­lich ist, wenn auch die Sicher­heit gewähr­leis­tet ist.

Elek­tro Lind
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