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KfW-Kon­junk­tur­kom­pass: Auf­schwung mit vie­len Risiken

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Nach­dem die deut­sche Wirt­schafts­leis­tung im vier­ten Quar­tal 2021 vor allem auf­grund der Del­ta-Wel­le mit zahl­rei­chen schwe­ren Covid-Fäl­len um 0,3 % gegen­über dem Vor­quar­tal geschrumpft ist, ver­ha­gelt die Coro­na-Pan­de­mie auch den Jah­res­auf­takt 2022. Auch wenn jetzt gro­ße Öff­nungs­schrit­te anste­hen, erfor­der­te die rasan­te Aus­brei­tung der Omi­kron-Vari­an­te in wei­ten Tei­len des ers­ten Quar­tals wei­ter­hin Ein­däm­mungs­maß­nah­men, die vor allem die kon­takt­in­ten­si­ven Dienst­leis­ter tref­fen. Zahl­rei­che Arbeits­aus­fäl­le dürf­ten das Wachs­tum von Janu­ar bis März eben­falls etwas beein­träch­ti­gen, denn allein durch die gemel­de­ten Infek­tio­nen fal­len im Quar­tals­mit­tel etwa 1 % der Erwerbs­tä­ti­gen aus. Ins­ge­samt ist im Auf­takt­quar­tal mit einer allen­falls gering­fü­gig wach­sen­den Wirt­schafts­leis­tung zu rech­nen, gefolgt von einem kräf­ti­gen Auf­hol­wachs­tum im Früh­ling und Som­mer. Für 2022 geht KfW Rese­arch ins­ge­samt von einem Wachs­tum von 3,2 % aus. 2023 dürf­te die deut­sche Wirt­schaft um 2,9% zule­gen. Der rus­si­sche Angriff auf die Ukrai­ne zählt zu den aku­tes­ten Kon­junk­tur­ri­si­ken, neben der wei­te­ren Pan­de­mie­ent­wick­lung in Euro­pa und mit Blick auf die Lie­fer­ket­ten gera­de auch in Chi­na sowie eine mög­li­che Ver­ste­ti­gung der zu hohen Infla­ti­on.
 
„Über der wei­te­ren wirt­schaft­li­chen Erho­lung in Deutsch­land und dem Euro­raum hängt das Damo­kles-Schwert der Aggres­sio­nen Russ­lands sowie der dar­auf fol­gen­den Sank­tio­nen“, sagt Dr. Frit­zi Köh­ler-Geib, Chef­volks­wir­tin der KfW. „Ein offe­ner Krieg in der Ukrai­ne hat vor allem dra­ma­ti­sche huma­ni­tä­re und geo­po­li­ti­sche Kon­se­quen­zen – und wird auch die Ener­gie­prei­se und die Infla­ti­on im Euro­raum wei­ter nach oben trei­ben. Gera­de Deutsch­land, das etwa 14% sei­nes Ener­gie­ver­brauchs allein mit rus­si­schem Gas abdeckt, wäre stark betrof­fen. Neben einer mode­ra­ten Belas­tung der Wirt­schafts­leis­tung durch den Kauf­kraft­ver­lust wird auch die ener­gie­in­ten­si­ve Pro­duk­ti­on beein­träch­tigt, ins­be­son­de­re wenn es zu einer Ratio­nie­rung der Ener­gie­ver­sor­gung käme. Letzt­end­lich ist der Effekt auf die deut­sche und euro­päi­sche Wirt­schafts­leis­tung aktu­ell noch kaum abschätz­bar. Von einer erneu­ten Rezes­si­on bis zu einem Wachs­tum von rund 3 % ist aktu­ell noch alles mög­lich.“
 
Die für Ende März geplan­te Auf­he­bung der aller­meis­ten Covid-Ein­däm­mungs­maß­nah­men in Deutsch­land wird immer­hin die pan­de­mie­ge­plag­ten Dienst­leis­tungs­bran­chen beflü­geln, wo das Auf­hol­po­ten­ti­al noch immer groß ist. Viel Luft nach oben hat außer­dem das Ver­ar­bei­ten­de Gewer­be, des­sen Auf­trags­be­stän­de bei einer kräf­ti­gen Nach­fra­ge und gleich­zei­tig durch Mate­ri­al­eng­päs­se gehemm­ten Pro­duk­ti­on im ver­gan­ge­nen Jahr monat­lich neue Rekord­stän­de erreicht haben. Aus­ge­hend von einer abneh­men­den pan­de­mie­be­ding­ten Ein­schrän­kung der glo­ba­len Pro­duk­ti­on und Waren­lo­gis­tik, einer Rück­ver­schie­bung des Kon­sums hin zu Dienst­leis­tun­gen sowie den schon erfolg­ten Erwei­te­rungs­in­ves­ti­tio­nen bei den Her­stel­lern knap­per Vor­pro­duk­te dürf­ten sich die Mate­ri­al­eng­päs­se im Jah­res­ver­lauf soweit bes­sern, dass auch vom Ver­ar­bei­ten­den Gewer­be ein deut­li­cher Wachs­tums­schub kommt. Vor­aus­ge­setzt wird dabei aber, dass die Ener­gie­ver­sor­gung trotz des rus­si­schen Angriffs auf die Ukrai­ne gesi­chert bleibt. Laut einer EZB-Schät­zung wür­de eine Ratio­nie­rung der Gas­ver­sor­gung um 10 % die Brut­to­wert­schöp­fung in Deutsch­land, das 2020 etwa 58 % der Gas­ver­sor­gung aus Russ­land bezog, um etwa 0,7 % ver­rin­gern.
 
Alles in allem erwar­tet KfW Rese­arch, dass die deut­sche Wirt­schaft 2022 mit +3,2% stär­ker wächst als 2021 (+2,9 %). Auch 2023 wird noch­mals eine hohe Wachs­tums­ra­te von 2,9 % (kalen­der­be­rei­nigt: 3,0 %) aus­ge­wie­sen, aller­dings bei deut­lich abfla­chen­den Quar­tals­wachs­tums­ra­ten.
 
Der Euro­raum beginnt das lau­fen­de Jahr durch ein deut­lich höhe­res Wachs­tum Ende 2021 mit einem dop­pelt so gro­ßen sta­tis­ti­schen Über­hang wie Deutsch­land. Unter dem Strich ist für die Euro­zo­ne daher auch im lau­fen­den Jahr ein höhe­res Wachs­tum zu erwar­ten. KfW Rese­arch rech­net für 2022 mit einem Anstieg des BIP von 3,6 %, gefolgt von 2,7 % im Jahr 2023.
 
Zu den aku­ten Kon­junk­tur­ri­si­ken für Deutsch­land und den Euro­raum gehört neben dem Kon­flikt mit Russ­land und einer sich ver­ste­ti­gen­den Infla­ti­on auch wei­ter­hin die Pan­de­mie. „Es ist immer noch mög­lich, dass sich wie­der viru­len­te­re Vari­an­ten durch­set­zen oder neue schwer­wie­gen­de Infek­ti­ons­wel­len mit der Del­ta-Vari­an­te ent­ste­hen. Mit der recht­zei­ti­gen Vor­be­rei­tung der nächs­ten Boos­ter­kam­pa­gnen und der Ein­füh­rung einer all­ge­mei­nen Impf­pflicht, zumin­dest für die älte­re Bevöl­ke­rung, hat es die Poli­tik in der Hand, das Risi­ko von vie­len schwe­ren Ver­läu­fen, über­las­te­ten Inten­siv­sta­tio­nen und erneu­ten Rück­schlä­gen für vie­le Gewer­be­trei­ben­de zu mini­mie­ren“, sagt Dr. Frit­zi Köhler-Geib.

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