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Jeder zwei­te Mit­tel­ständ­ler der­zeit von Lie­fer­eng­päs­sen betroffen

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Das Wirt­schafts­wachs­tum dürf­te in die­sem Jahr nied­ri­ger aus­fal­len als noch vor eini­gen Mona­ten erwar­tet. Ein wesent­li­cher Grund für die schwä­che­ren Wachs­tums­aus­sich­ten in die­sem Jahr sind Lie­fer­eng­päs­se bei Roh­stof­fen und Vor­pro­duk­ten, die wei­te Tei­le der Wirt­schaft erfasst haben – auch den deut­schen Mit­tel­stand. Gegen­wär­tig kämpft knapp jedes zwei­te (48 %) der rund 3,8 Mil­lio­nen klei­nen und mitt­le­ren Unter­neh­men in Deutsch­land mit den Fol­gen von Lie­fer­pro­ble­men, wie eine im Sep­tem­ber durch­ge­führ­te Son­der­be­fra­gung von KfW Rese­arch im Rah­men des KfW Mit­tel­stand­spa­nels zeigt.
 
Beson­ders stark betrof­fen ist das mit­tel­stän­di­sche Ver­ar­bei­ten­de Gewer­be – vier von fünf Unter­neh­men (78 %) bekla­gen hier Lie­fer­eng­päs­se. Nicht weni­ger hef­tig sind die Aus­wir­kun­gen auf das Bau­ge­wer­be, wo sich 78 % der Unter­neh­men mit Mate­ri­al­knapp­heit aus­ein­an­der­set­zen müs­sen. Im Groß- und Ein­zel­han­del ist der Anteil der betrof­fe­nen Mit­tel­ständ­ler mit 63 % etwas gerin­ger. Und selbst im Dienst­leis­tungs­sek­tor, der grund­sätz­lich weni­ger stark von Vor­leis­tun­gen abhängt, sehen sich immer noch rund vier von zehn klei­nen und mitt­le­ren Unter­neh­men mit Lie­fer­eng­päs­sen kon­fron­tiert.
 
Dass der Mit­tel­stand in der Brei­te betrof­fen ist, liegt nicht zuletzt dar­an, dass der­zeit eine Viel­zahl von Mate­ria­li­en und Vor­pro­duk­ten nicht in der nach­ge­frag­ten Men­ge zur Ver­fü­gung steht. Schwie­rig­kei­ten gibt es nicht nur bei Mikro­pro­zes­so­ren, auch ein­fa­che Steue­rungs­ele­men­te feh­len, genau­so wie Stahl, Alu­mi­ni­um, Kup­fer und ande­re Metal­le, Kunst­stof­fe und Ver­pa­ckungs­ma­te­ria­li­en oder auch Holz für die Bau- und Möbel­in­dus­trie. Ein wesent­li­cher Grund ist, dass vie­le Unter­neh­men in der Coro­na-Kri­se ihre Kapa­zi­tä­ten zurück­ge­fah­ren haben und nun auf die wie­der ansprin­gen­de Nach­fra­ge nur lang­sam reagie­ren kön­nen. Ande­re Ursa­chen wie Stö­run­gen im inter­na­tio­na­len Fracht­ver­kehr, die wei­ter anhal­ten­den Han­dels­kon­flik­te oder ein­zel­ne Ereig­nis­se wie die Wald­brän­de in Kali­for­ni­en spie­len eben­falls eine Rol­le.
 
Die Lie­fer­eng­päs­se wir­ken sich unter­schied­lich auf den Mit­tel­stand aus.
• Am häu­figs­ten ver­zeich­nen klei­ne und mitt­le­re Unter­neh­men einen erhöh­ten Arbeits­auf­wand in der Beschaf­fung (29 %).
• Zu Beein­träch­ti­gun­gen in der Pro­duk­ti­on oder Dienst­leis­tungs­er­stel­lung wegen feh­len­der Roh­stof­fe oder Vor­pro­duk­te kommt es bei etwa jedem vier­ten Mit­tel­ständ­ler (28 %). Das Ver­ar­bei­ten­de Gewer­be lei­det hier­un­ter am stärks­ten (56 %).
• Eben­falls jedes vier­te Unter­neh­men (26 %) sieht sich gezwun­gen, infol­ge gestie­ge­ner Prei­se für Roh­stof­fe und Vor­pro­duk­te die Prei­se für sei­ne eige­nen Pro­duk­te oder Dienst­leis­tun­gen anzu­pas­sen. Am häu­figs­ten kommt es zu Preis­er­hö­hun­gen in der Bau­bran­che (61 %).
• Etwa 25 % aller Mit­tel­ständ­ler sind gegen­wär­tig auf­grund der Eng­päs­se im Lie­fer­ver­zug gegen­über ihren Kun­den. Jeder zehn­te Mit­tel­ständ­ler muss Auf­trä­ge sogar ableh­nen, weil das benö­tig­te Mate­ri­al fehlt. Ins­be­son­de­re in der Bau­in­dus­trie, die Hand­werks­be­trie­be vom Fens­ter­bau­er bis zu Dach­de­cker umfasst, ist dies ein Pro­blem (21 %).
• Zu Beschäf­ti­gungs­ein­schnit­ten füh­ren die Lie­fer­eng­päs­se bis­lang in ers­ter Linie im Ver­ar­bei­ten­den Gewer­be. Hier hat nahe­zu jedes zehn­te Unter­neh­men sei­ne Beschäf­ti­gung zumin­dest tem­po­rär durch den Abbau von Über­stun­den, Urlaub oder auch das Instru­ment der Kurz­ar­beit redu­ziert.
 
Eine schnel­le Auf­lö­sung der Lie­fer­eng­päs­se erwar­tet der Mit­tel­stand nicht. Nur 5 % der betrof­fe­nen klei­nen und mitt­le­ren Unter­neh­men gehen von einer Ent­span­nung bis zum Jah­res­en­de 2021 aus. Der Groß­teil rech­net damit, dass die Schwie­rig­kei­ten noch ein hal­bes bis gan­zes Jahr andau­ern. Fast jedes fünf­te Unter­neh­men ist sogar über­zeugt, dass sich die Situa­ti­on frü­hes­tens in einem Jahr nor­ma­li­siert haben wird.
 
„Die Lie­fer­eng­päs­se legen den klei­nen und mitt­le­ren Unter­neh­men enor­me Stei­ne auf ihren Weg aus der Coro­na-Kri­se“, sagt Dr. Frit­zi Köh­ler-Geib, Chef­volks­wir­tin der KfW. „Am stärks­ten belas­ten sie das Ver­ar­bei­ten­de Gewer­be und die Bau­in­dus­trie, aber auch der Han­del und Dienst­leis­ter lei­den. Das nimmt der gera­de wie­der ange­sprun­ge­nen Kon­junk­tur ihren Schwung.“ Das Wirt­schafts­wachs­tum dür­fe in den nächs­ten Mona­ten abfla­chen, wer­de aber wei­ter­hin posi­tiv aus­fal­len. „Bis sich die Lie­fer­eng­päs­se auf­lö­sen, dürf­te es dau­ern. Ich gehe aber davon aus, dass sich die Mate­ri­al­knapp­heit im Lau­fe der kom­men­den Mona­te zumin­dest etwas ent­schärft. Nach­hol­ef­fek­te kön­nen dann im kom­men­den Jahr einen Impuls für einen neu­en Wachs­tums­schub geben“, so Köhler-Geib.

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