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Das Wachs­tum ist zurück, aber die Bäu­me wach­sen nicht in den Himmel

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Dank der zeit­wei­se deut­lich gesun­ke­nen COVI­D19-Infek­ti­ons­zah­len hat sich die deut­sche Wirt­schaft im zwei­ten Quar­tal 2021 erholt, das Brut­to­in­lands­pro­dukt hat um 1,6 % zuge­legt. Für das lau­fen­de drit­te Quar­tal erwar­tet KfW Rese­arch ein kräf­ti­ges Wachs­tum, das wei­ter­hin vor allem vom Dienst­leis­tungs­sek­tor getrie­ben wird. Gleich­zei­tig begren­zen hart­nä­cki­ge Ange­bots­eng­päs­se im Pro­du­zie­ren­den Gewer­be die Luft nach oben. Für das Gesamt­jahr 2021 revi­diert KfW Rese­arch daher die Kon­junk­tur­pro­gno­se nach unten und rech­net noch mit einem BIP-Wachs­tum von 3,0 % (Vor­pro­gno­se 3,5 %, alle Raten preis­be­rei­nigt). Neben der wachs­tums­hem­men­den Mate­ri­al­knapp­heit ergibt sich ein Teil der Abwärts­kor­rek­tur auch aus der rou­ti­ne­mä­ßi­gen Daten­re­vi­si­on des Sta­tis­ti­schen Bun­des­amts, das anstatt der ursprüng­lich ver­öf­fent­lich­ten ‑1,8 % für das ers­te Quar­tal 2021 mitt­ler­wei­le einen BIP-Ein­bruch in Höhe von ‑2,0 % errech­net und auch meh­re­re Quar­ta­le des Vor­jah­res über­ar­bei­tet hat. Für das kom­men­de Jahr ist KfW Rese­arch etwas opti­mis­ti­scher als bis­her und erwar­tet eine Zunah­me der Wirt­schafts­leis­tung um 4,2 % (4,0 %).
 
„Das Wachs­tum ist zurück, aber die Bäu­me wach­sen nicht in den Him­mel“, fasst Dr. Frit­zi Köh­ler-Geib, Chef­volks­wir­tin der KfW zusam­men. „Ein gro­ßer Wachs­tums­im­puls kommt aus dem Dienst­leis­tungs­sek­tor, der auch schwung­voll ins Som­mer­quar­tal gestar­tet ist. Das Ver­ar­bei­ten­de Gewer­be hin­ge­gen dürf­te erst ab dem Jah­res­en­de wie­der signi­fi­kant zum Wachs­tum bei­tra­gen. Bis dahin wird das man­geln­de Ange­bot an Mate­ri­al und Vor­pro­duk­ten ins­be­son­de­re die Indus­trie­pro­duk­ti­on, aber auch den Bau beschrän­ken.“
Die aktu­el­len Eng­päs­se erstre­cken sich auf eine Viel­zahl von Pro­duk­ten. Beson­ders gra­vie­rend ist der Man­gel an Chips bzw. Halb­lei­tern, wes­halb die Her­stel­ler von elek­tri­schen Aus­rüs­tun­gen sowie von Kraft­wa­gen und Kraft­wa­gen­tei­len am stärks­ten betrof­fen sind. Auch wenn die Knapp­hei­ten sich hart­nä­cki­ger hal­ten als zunächst erwar­tet, so sind sie doch ein vor­über­ge­hen­des Wachs­tums­hemm­nis. Die auf­ge­stau­ten Auf­trä­ge dürf­ten suk­zes­si­ve abge­ar­bei­tet wer­den. Infol­ge­des­sen dürf­te vor allem das Ver­ar­bei­ten­de Gewer­be dafür sor­gen, dass die Quar­tals­wachs­tums­ra­ten im kom­men­den Jahr deut­lich über dem lang­fris­ti­gen Durch­schnitt lie­gen. Hin­zu kommt ein erheb­li­cher sta­tis­ti­scher Über­hang aus dem lau­fen­den Jahr, sodass 2022 mit einem Wachs­tum von 4,2 % zu rech­nen ist. Das Vor­kri­sen­ni­veau, gemes­sen am BIP im vier­ten Quar­tal 2019, wird die deut­sche Wirt­schaft bereits im Herbst des lau­fen­den Jah­res leicht über­tref­fen.
 
Sor­gen für die deut­sche Kon­junk­tur berei­ten das nach­las­sen­de Impf­tem­po und die Aus­brei­tung der Del­ta-Vari­an­te, wodurch die Infek­ti­ons­zah­len seit Juli wie­der schnell und kon­ti­nu­ier­lich stei­gen. Zusätz­li­cher Infek­ti­ons­druck dürf­te außer­dem nach Ende der Schul­fe­ri­en und auf­grund der Sai­so­na­li­tät im Herbst hin­zu­kom­men. Ange­sichts der Ein­grenz­bar­keit von Infek­ti­ons­ri­si­ken mit Mas­ken, Tests und vor allem Imp­fun­gen sind pau­scha­le Schlie­ßun­gen, etwa im Han­del oder Gast­ge­wer­be, aller­dings inzwi­schen eher unwahr­schein­lich. Hoff­nung macht außer­dem, dass eini­ge Län­der, wie etwa die Nie­der­lan­de und Spa­ni­en, die ers­te Del­ta-Wel­le mit nur gering­fü­gi­gen Ein­schrän­kun­gen bre­chen konn­ten.
 
Im Euro­raum ist die Wirt­schaft im zwei­ten Quar­tal noch etwas schnel­ler gewach­sen als in Deutsch­land. Wachs­tums­lo­ko­mo­ti­ven waren vor allem die süd­eu­ro­päi­schen Län­der, wo die Ein­däm­mungs­maß­nah­men etwas frü­her gelo­ckert wur­den und Ange­bots­eng­päs­se in der Indus­trie eine gerin­ge­re Rol­le spie­len. Für den Rest des Jah­res ist bei den meis­ten Euro-Län­dern von einem ähn­li­chen Quar­tals­pro­fil wie in Deutsch­land aus­zu­ge­hen, denn durch die gemein­sa­me Impf­stoff­be­schaf­fung sowie die sehr expan­siv aus­ge­rich­te­te Geld­po­li­tik der EZB wur­den ähn­li­che Grund­vor­aus­set­zun­gen für die Über­win­dung der Coro­na-Kri­se geschaf­fen. KfW Rese­arch erwar­tet für den Euro­raum im lau­fen­den Jahr ein Wachs­tum von 4,7 %, 2022 dürf­te die Wirt­schaft dann um 4,3 % zule­gen (Vor­pro­gno­sen: 4,5 % bzw. eben­falls 4,3 %).

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