Lokal

Zahl der Grün­dun­gen fällt im Coro­na-Jahr auf 537.000

Veröffentlicht

am

Im Schat­ten der Coro­na-Kri­se haben im ver­gan­ge­nen Jahr weni­ger Men­schen eine Exis­tenz­grün­dung ver­wirk­licht als im Jahr zuvor. Dem reprä­sen­ta­ti­ven KfW-Grün­dungs­mo­ni­tor zufol­ge rutsch­te die Zahl der Voll­erwerbs­grün­dun­gen auf einen neu­en Tief­punkt von 201.000 (- 27.000 bzw. ‑12 % ggü. Vor­jahr). Auch im Neben­er­werb wur­de weni­ger gegrün­det als noch 2019 ( ‑41.000 bzw. ‑11 % auf 336.000). Ins­ge­samt wag­ten 2020 537.000 Men­schen den Sprung in die beruf­li­che Selb­stän­dig­keit (-68.000 bzw. ‑11 %).
 
Der Rück­gang der Exis­tenz­grün­dun­gen liegt haupt­säch­lich an weni­ger Grün­dun­gen von Män­nern. Ihre Zahl sank 2020 auf 332.000 (-58.000), die Zahl der Grün­de­rin­nen blieb hin­ge­gen mit 205.000 nahe­zu sta­bil (-10.000). Grün­dun­gen von Frau­en kamen damit auf einen Anteil von 38 % an allen Exis­tenz­grün­dun­gen (2019: 36 %). Die­ses Ergeb­nis ist über­ra­schend, denn Stu­di­en zufol­ge waren gera­de selb­stän­di­ge Frau­en beson­ders stark von nega­ti­ven Aus­wir­kun­gen der Coro­na-Kri­se betrof­fen und muss­ten häu­fi­ger als Män­ner mit Umsatz­ver­lus­ten, Exis­tenz­sor­gen und Ein­schrän­kun­gen des Lebens­stan­dards umge­hen. Grün­dungs­in­ter­es­sier­te Frau­en schei­nen sich jedoch schnel­ler auf die neu­en Kri­sen­be­din­gun­gen ein­ge­stellt und letzt­lich ihre Grün­dungs­plä­ne häu­fi­ger doch rea­li­siert zu haben als Män­ner. Hier­für spricht, dass Grün­de­rin­nen im ver­gan­ge­nen Jahr häu­fi­ger als Grün­der ihre Geschäfts­mo­del­le ange­passt haben (52 % vs. 39 %).
 
KfW Rese­arch ana­ly­siert im KfW-Grün­dungs­mo­ni­tor auch die Abbruch­ra­ten und ‑grün­de im ver­gan­ge­nen Jahr. Die Coro­na-Kri­se hat sich hier klar nie­der­ge­schla­gen: Etwa vier von zehn Grün­de­rin­nen und Grün­dern haben 2020 ihre selb­stän­di­ge Tätig­keit bin­nen 5 Jah­ren nach Geschäfts­auf­nah­me wie­der been­det. Zwar erfolg­te ein Abbruch wie auch in der Ver­gan­gen­heit häu­fig aus per­sön­li­chen Grün­den (z.B. fami­liä­re Belas­tung, bes­se­res Job­an­ge­bot), doch der Anteil von Grün­dungs­ab­brü­chen wegen Unwirt­schaft­lich­keit hat sich gegen­über 2019 auf 40 % ver­dop­pelt. Ins­ge­samt war im Jahr 2020 bei etwas mehr als der Hälf­te (56 %) der Abbrü­che die Coro­na-Kri­se ent­schei­dend.
 
Aller­dings waren im Coro­na-Jahr 2020 auch mehr Men­schen moti­viert, sich mit einer bie­ten­den Geschäfts­ge­le­gen­heit selb­stän­dig zu machen. Der Anteil so genann­ter Chan­cen­grün­dun­gen stieg auf 80 % (2019: 73 %). Aus der Not her­aus wegen feh­len­der bes­se­rer Erwerbs­al­ter­na­ti­ven ent­stan­den nur 16 %
(2019: 23 %) aller Exis­tenz­grün­dun­gen. Im ver­gan­ge­nen Jahr haben folg­lich in ers­ter Linie die­je­ni­gen Exis­tenz­grün­der ihr Grün­dungs­vor­ha­ben in die Tat umge­setzt, die eine beson­de­re Beharr­lich­keit und Zuver­sicht mit­ge­bracht haben. Auf der ande­ren Sei­te dürf­te die Kurz­ar­beit dazu bei­getra­gen haben, dass nicht mehr Men­schen aus der Not her­aus eine selb­stän­di­ge Tätig­keit auf­nah­men.
 
Die exis­tenz­be­dro­hen­de Lage, in die vie­le Selbst­stän­di­ge durch die Coro­na-Kri­se gerutscht sind, hat im ver­gan­ge­nen Jahr offen­bar vie­le Grün­dungs­in­ter­es­sier­te abge­schreckt, bevor sie Grün­dungs­plä­ne über­haupt ent­wi­ckeln haben. Ent­spre­chend stark ist die „Pla­nungs­tä­tig­keit“ ein­ge­bro­chen: Der Anteil von Erwerbs­fä­hi­gen (18–64-Jährige) mit Grün­dungs­plä­nen sank von 6,4 % im Jahr 2019 auf 4,4 % im ver­gan­ge­nen Jahr. Gleich­zei­tig ging die Quo­te der­je­ni­gen, die ihre Geschäfts­tä­tig­keit inner­halb der nächs­ten 12 Mona­te auf­neh­men wol­len, von 3,2 % auf 2,6 % zurück. Die rück­läu­fi­ge Pla­nungs­quo­te 2020 ist aber nur auf den ers­ten Blick ein nega­ti­ves Signal für die Grün­dungs­tä­tig­keit 2021.
 
„Nach dem coro­nabe­ding­ten Ein­bruch der Grün­dungs­tä­tig­keit in Deutsch­land ver­spricht 2021 ein gutes Grün­dungs­jahr zu wer­den. Der kon­junk­tu­rel­le Auf­schwung gibt Rücken­wind und auch der Arbeits­markt dürf­te eher posi­tiv auf die Grün­dungs­tä­tig­keit wir­ken“, sagt Dr. Frit­zi Köh­ler-Geib, Chef­volks­wir­tin der KfW. „Hin­zu kommt: Vie­le Grün­dungs­pla­ne­rin­nen und ‑pla­ner woll­ten eigent­lich bereits 2020 grün­den — sie haben ihre Pro­jek­te auf­grund der Coro­na-Kri­se nur ver­scho­ben. Sie sind im Pla­nungs­pro­zess weit vor­an­ge­schrit­ten und nah an der Umset­zung. Auch davon dürf­te die dies­jäh­ri­ge Grün­dungs­tä­tig­keit pro­fi­tie­ren.“ 
 
Wei­te­re zen­tra­le Ergeb­nis­se des KfW-Grün­dungs­mo­ni­tors sind:
 
- Inno­va­ti­ve Grün­dun­gen, das sind Exis­tenz­grün­dun­gen mit For­schungs- und Ent­wick­lungs-Akti­vi­tä­ten, mach­ten 13 % Grün­dun­gen 2020 aus, 24 % waren wachs­tums­ori­en­tier­te Grün­dun­gen. Inter­net­ba­sier­te Grün­dun­gen, bei denen das Inter­net Kern­ele­ment des Unter­neh­mens ist, erreich­ten einen Anteil von 31 % aus und digi­ta­le Grün­dun­gen, deren Ange­bot nur durch den Ein­satz digi­ta­ler Tech­no­lo­gien nutz­bar ist, kamen auf 26 %.
 
- Im Län­der­ran­king steht Ber­lin wei­ter mit Abstand an der Spit­ze. Dort haben im Durch­schnitt der Jah­re 2018–2020 von 10.000 Erwerbs­fä­hi­gen jähr­lich 181 Per­so­nen eine selbst­stän­di­ge Tätig­keit begon­nen. Bran­den­burg, das von der Aus­strah­lung der über­durch­schnitt­li­chen Ber­li­ner Grün­dungs­tä­tig­keit auf die Peri­phe­rie pro­fi­tiert hat­te, ist auf­grund coro­nabe­dingt rück­läu­fi­ger Grün­dungs­tä­tig­keit vom zwei­ten Platz wie­der auf Platz 5 abge­rutscht (104 Grün­dun­gen je 10.000 Erwerbs­fä­hi­ge). Auf Platz 2 kommt nun Ham­burg (129) vor Schles­wig-Hol­stein (120) auf Platz 3. Platz 4 belegt Bay­ern (109)
 
- Nach einem Jahr Coro­na-Kri­se gehen Grün­de­rin­nen und Grün­der mit dem Grün­dungs­stand­ort Deutsch­land ins­ge­samt hart ins Gericht. Nur die Beno­tun­gen des frei­en Markt­zu­gangs (Schul­no­ten­ska­la: 2,3), der Bera­tungs­an­ge­bo­te (2,6), des Zugangs zu öffent­li­chen För­der­mit­teln (3,3) und die Kre­dit­ver­füg­bar­keit (3,7) blie­ben auf dem gewohn­ten Level. Die ande­ren Fak­to­ren wur­den dage­gen etwa eine hal­be Note bis ein­ein­halb Noten abge­wer­tet. Die Beno­tun­gen der gesetz­li­chen Rege­lun­gen (4,3; +1,3), der büro­kra­ti­schen Infor­ma­ti­ons- und Berichts­pflich­ten (4,6; +1,2) sowie der steu­er­li­chen Belas­tung (4,4; +0,8) ver­schlech­ter­ten sich am stärksten.

https://www.elektro-lind.de/
Die mobile Version verlassen