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Kom­mu­nal­fi­nan­zen droht „Long-Covid”

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Die deut­schen Kom­mu­nen sind in finan­zi­el­ler Hin­sicht bis­lang glimpf­li­cher durch die Kri­se gekom­men als erwar­tet. Hat­te sich in den ers­ten drei Quar­ta­len des Jah­res 2020 das höchs­te Finan­zie­rungs­de­fi­zit seit lan­ger Zeit ange­deu­tet, konn­ten die Kom­mu­nen das letz­te Jahr dank der Hilfs­maß­nah­men von Bund und Län­der doch mit einem klei­nen Über­schuss abschlie­ßen. Noch ist es für eine Ent­war­nung aber zu früh, wie die Ergeb­nis­se des aktu­el­len KfW-Kom­mu­nal­pa­nel 2021 ver­deut­li­chen. Die Bewer­tung der Finanz­la­ge durch die befrag­ten Käm­me­rei­en hat sich mas­siv ver­schlech­tert, vor allem mit Blick auf die unsi­che­re finan­zi­el­le Ent­wick­lung für das lau­fen­de Jahr 2021 und dar­über hin­aus. 85 % der befrag­ten Städ­te, Krei­se und Gemein­den erwar­ten kri­sen­be­dingt gerin­ge­re Ein­nah­men, per­spek­ti­visch höhe­re Aus­ga­ben sehen 52 % auf sich zukom­men.
 
Die Inves­ti­tio­nen und die Inves­ti­ti­ons­pla­nun­gen der Kom­mu­nen sind durch die Kri­se bis­her noch kaum betrof­fen. In der Pla­nung für 2021 rech­nen die Kom­mu­nen in der vom Deut­schen Insti­tut für Urba­nis­tik im Auf­trag von KfW Rese­arch durch­ge­führ­ten Befra­gung sogar mit einem neu­en Inves­ti­ti­ons­höchst­stand von 39,2 Mrd. EUR. Der Grund liegt in den lan­gen Vor­lauf­zei­ten für öffent­li­che Inves­ti­tio­nen, sodass die­se auch bei einem Ein­nah­me­ein­bruch nicht sofort ange­passt wer­den. Aller­dings gehen 57 % der Kom­mu­nen davon aus, dass sie ihre Inves­ti­tio­nen kür­zen müs­sen, wenn die Ein­nah­men auch in die­sem Jahr weg­bre­chen. „Den Kom­mu­nal­fi­nan­zen droht Long-Covid“, sagt Dr. Frit­zi Köh­ler-Geib, Chef­volks­wir­tin der KfW. „Eine Kür­zung der not­wen­di­gen Inves­ti­tio­nen in die kom­mu­na­le Infra­struk­tur hat lang­fris­tig spür­ba­re Fol­gen, denn für die gro­ßen Her­aus­for­de­run­gen wie den Kli­ma­schutz oder die Digi­ta­li­sie­rung im öffent­li­chen Bereich brau­chen wir hand­lungs­fä­hi­ge Kom­mu­nen, die ihren Auf­ga­ben effi­zi­ent nach­kom­men.“
 
Trotz stei­gen­der Inves­ti­ti­ons­aus­ga­ben in den letz­ten Jah­ren reich­te das Niveau häu­fig nicht ein­mal für den Sub­stanz­er­halt der bestehen­den Infra­struk­tur auf kom­mu­na­ler Ebe­ne. Der wahr­ge­nom­me­ne Inves­ti­ti­ons­rück­stand der Kom­mu­nen ist für das Befra­gungs­jahr 2020 auf ins­ge­samt 149 Mrd. EUR gestie­gen. Dies sind 2 Mrd. EUR mehr als im Vor­jahr. Ein wesent­li­cher Trei­ber sind die unzu­rei­chen­den Instand­hal­tun­gen, die vor allem in finanz­schwa­chen Kom­mu­nen zu einem wach­sen­den Inves­ti­ti­ons­stau füh­ren. Nach wie vor bestehen die größ­ten Inves­ti­ti­ons­be­dar­fe bei Schul­ge­bäu­den (46, 5 Mrd. EUR/Vorjahr 44,2 Mrd. EUR), Stra­ßen (33,6 Mrd. EUR/Vj. 37,1 Mrd. EUR) und Ver­wal­tungs­ge­bäu­den (16,4 Mrd. EUR/Vj. 12,9 Mrd. EUR).
 
Die Inves­ti­tio­nen in die ver­schie­de­nen Infra­struk­tur­be­rei­che finan­zie­ren die Kom­mu­nen vor allem aus Eigen­mit­teln (insg. 36 %). Die­se gera­ten durch die Kri­se beson­ders unter Druck. Zuwei­sun­gen im Rah­men des Finanz­aus­gleichs (16 %) und För­der­mit­tel (20 %) sind wei­te­re wich­ti­ge Finanz­quel­len, wobei auch hier noch nicht klar ist, wel­che mit­tel­fris­ti­gen Aus­wir­kun­gen die Kri­se haben wird. Die Kom­mu­nen reagie­ren bis­lang, indem sie häu­fi­ger Anla­ge­ver­mö­gen ver­kau­fen. Dar­über hin­aus geben 55 % der Käm­me­rei­en an, dass sie künf­tig stär­ker auf Kre­di­te zurück­grei­fen wer­den, die aktu­ell noch 14 % am Finan­zie­rungs­mix aus­ma­chen. „Wir wer­den zwar sehr wahr­schein­lich wie­der einen deut­li­chen Anstieg der Kom­mu­nal­ver­schul­dung sehen. Die Mehr­heit der Kom­mu­nen hat hier­für dank der posi­ti­ven Ent­wick­lung der Vor­jah­re aber aus­rei­chend Spiel­raum. Wich­tig ist nun, dass die Kom­mu­nen in und nach der Kri­se dau­er­haft hand­lungs­fä­hig blei­ben und ihren Auf­ga­ben auch effi­zi­ent nach­kom­men“, so Köh­ler-Geib. Die gro­ße Mehr­heit der Kom­mu­nen mel­det gute Kre­dit­kon­di­tio­nen und geht davon aus, dass dies in nähe­rer Zukunft weit­ge­hend so bleibt.
 
Um die Hand­lungs­fä­hig­keit der Kom­mu­nen auch im wei­te­ren Ver­lauf der Kri­se zu bewah­ren, hal­ten die befrag­ten Käm­me­rei­en in der kurz­fris­ti­gen Per­spek­ti­ve ins­be­son­de­re die Kom­pen­sa­ti­on von Steu­er­ein­nah­me­aus­fäl­len, wie schon 2020 gesche­hen, für hilf­reich. In der lang­fris­ti­gen Sicht gewin­nen aber struk­tu­rel­le Anpas­sun­gen in der Finanz­mit­tel­ver­tei­lung zwi­schen den föde­ra­len Ebe­nen eine höhe­re Bedeu­tung. „Es ist nach­voll­zieh­bar, dass wir in der Kri­se bei Maß­nah­men zur Sta­bi­li­sie­rung der kom­mu­na­len Haus­hal­te erst ein­mal auf Sicht fah­ren. Aber die­se Kri­se ist hof­fent­lich bald vor­bei und dann rückt die grund­sätz­li­che Stär­kung der Kom­mu­nal­fi­nan­zen wie­der auf die poli­ti­sche Tages­ord­nung. Das ist gut so, denn die Bedeu­tung star­ker Kom­mu­nen kann für Deutsch­land nicht hoch genug ein­ge­schätzt wer­den“, so Köh­ler-Geib abschließend.

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